Johann Stifter, der Vater des Dichters Adalbert Stifter, war 1817 bei Gunskirchen mit seiner Flachsfuhre tödlich verunglückt.

Schon am 28. 1. 1938, zum 70. Todestag des Dichters Adalbert Stifter, berichtete mein Vater, Oberlehrer Rudolf Moser, dass Gunskirchen zum Gefeierten in einem besonderen Verhältnis stehe, da dessen Vater, Johann Stifter, am 3. Dezember 1817 auf dem Ortsfriedhof bestattet worden war. Pfarrer Nußbaumer hatte 1938 eine Abschrift aus dem Sterberegister zur Verfügung gestellt, mit der eindeutig bewiesen ist, dass Johann Stifter in der Pfarre Gunskirchen starb. Auf Seite 63 steht im Sterberegister unter Todesart wörtlich:
"Durch Erstickung, weil er unter dem umgestürzten Wagen ohne Verletzung todt gefunden wurde".

"... von einem fallenden Flachswagen erschlagen."

Auch eine Gedenktafel an der Innenseite des Friedhoftores, welche von den Hauptschullehrern im Jahre 1957 gestiftet und feierlich enthüllt wurde, erinnert an den tödlichen Unfall. Unfallort und Todesart werden auch in einem Brief bestätigt, den Adalbert Stifter am 16. November 1846 an seinen Freund Dr. Hermann Meynert schrieb. Dort heißt es:
"Im Jahre 1817 im Herbste, wurde mein Vater zwischen Wels und Lambach bei dem Gasthaus zum Wirt am Berg, etwa 200 Schritte gegen Lambach hin von einem fallenden Flachswagen erschlagen."

Der Chronist der landesfürstlichen Pfarre Gunskirchen, Friedrich Raschko, schrieb im Jahre 1881, daß Johann Mayer, als Arzt und Totenbeschauer schon von 1791 bis 1830 das Chirurgat innehatte. Damit scheint bewiesen, daß Johann Stifter keine Verletzungen aufwies und der Tod wohl durch Erstickung eingetreten sei.

Wie es zu diesem Unfall kam, wird wohl nie eindeutig geklärt werden.
Am 30. November 1817 war es nach den Aufzeichnungen der Stern- und Wetterwarte Kremsmünster windstill. Johann Stifter war mit seiner Flachsfuhre zur Flachsspinnerei Stadl-Paura schon früh unterwegs. Ob die Pferde scheuten, weil es auf der Schotterstraße eisig war oder eine andere Ursache des Unfalles vorlag, ist wohl nicht mehr festzustellen.

Verwirrung um Stifters Gedenkstätte

Schon vor der Jahrhundertwende gab es in Marchtrenk an der Bundesstraße, zwischen zwei Alleebäumen, ein Kreuz mit einer Christus- und einer Marienfigur, welches den Ort des tödlichen Unfalles von Johann Stifter bezeichnen sollte. Und nun geschah das Unglaubliche: Über Anregung von Rechtsanwalt Dr. Schmotzer wurde unter Mitwirkung der Welser Urania, des D. u. Ö. Alpenvereins sowie des Sudetendeutschen Heimatbundes beschlossen, die Unfallstelle durch ein Kleindenkmal zu kennzeichnen. Die Gemeinde Holzhausen spendete dazu aus ihrer Schottergrube einen Kalkblock, der auf der geglätteten Seite folgende Textgravur erhielt:
"An dieser Stelle wurde 1817 der bürgl. Webermeister, Flachs- und Getreidehändler Johann Stifter aus Oberplan von seinem eigenen Wagen erdrückt. Sein Sohn, unser Dichter Adalbert Stifter war damals 12 Jahre alt."
Man hatte, ohne vorher die Daten aus der vorhandenen Literatur und mit der Sterbematrik abzusichern, am 6. Mai 1933 den Gedenkstein feierlich enthüllt. Schon einige Jahre später setzten Bestrebungen ein, den Gedenkstein am richtigen Ort, nämlich im Gemeindegebiet Gunskirchen aufzustellen.

Anläßlich des 125. Todestages des Dichters Adalbert Stifter im Jahre 1993 las ich den sechs Seiten umfassenden Forschungsbericht meines Vaters aus dem Jahre 1938 über Johann Stifter und alle Manuskripte durch, die eine Verlagerung des Gedenksteines zum Unfallort schon damals zum Ziel hatten. Am 19. Februar 1938 läßt Herr Hofrat Depiny durch den Heimatverein Wels meinem Vater mitteilen, "dass die Versetzung des Gedenksteines im Rahmen des Oö. Heimatvereines in absehbarer Zeit und in Verbindung mit einer Heimatfeier durchgeführt werde".

Der zweite Weltkrieg brachte eine Verzögerung, auch das Bemühen der Hauptschule Gunskirchen im Jahr 1958, das Stifterdenkmal in Gunskirchen aufstellen zu lassen, war nicht von Erfolg gekrönt.
Nach einer Vorsprache von Bürgermeister Werner Zimmerberger in Marchtrenk konnte der Gedenkstein endlich 1994 nach Gunskirchen gebracht und von engagierten Gemeindebürgern restauriert werden.
Am 22. September 1995 wurde das "Stifterkreuz" beim Gasthof Wiesinger, nahe der Bundesstraße 1 eingeweiht. Nach 62 Jahren erfolgte somit eine Richtigstellung jenes "Geschichtsirrtums", der über Jahrzehnte die falsche Stelle markierte, an der Stifters Vater fern seiner Heimat Oberplan im Böhmerwald einen tragischen Unfalltod erlitten hatte.

Autor: Dr. Roman Moser


Artikel aus dem EuroJournal,
Mühlviertel – Böhmerwald, Heft 2/1996
www.eurojournal.at
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Stifter-Geburtshaus in Oberplan
Artikel aus dem EuroJournal, Mühlviertel – Böhmerwald (Heft 2/1996): " Lambach - Vorsicht Kultur! Die Berichte der Historikerkommission und Beiträge zur Geschichte von Stadl-Paura und Lambach". www.eurojournal.at